Puh! Dieses Jahr war wirklich herausfordernd. Nicht nur weltpolitisch und gesellschaftlich, sondern bei mir auch ganz privat: Das Elternhaus ausgeräumt und verkauft, die Tante verpflanzt und gleich noch ein Haus geräumt und uns nebenbei viel gekümmert um die lieben Senioren.
Das sind halt die Themen dieser typischen Lebensphase, in der die Familienangehörigen zunehmend Unterstützung brauchen. Nun also sind wir mittendrin. Und ich kann nur von Glück sagen, dass ich eine so wunderbare “große” Schwester habe, mit der ich mich um all diese Themen gemeinsam und abwechselnd kümmere – sonst wüsste ich gar nicht, wie es gehen sollte! Danke, Schwesterherz!!! – Und irgendwie ist sie ja auch gut, diese Phase, zum langsamen Abschiednehmen, Erinnern, Sortieren und Würdigen. Denn wenn sie ganz vorbei ist, dann ist es nicht besser …
Und anstrengend ist es doch! So manches Mal fühle ich mich wie zerfranst und zerfasert.
Am 10. Dezember 2024 und damit fast exakt ein Jahr, nachdem meine Eltern ins betreute Wohnen umgezogen sind, ist es so weit: Gemeinsam mit der Maklerin und dem Käuferpaar sitzen meine Schwester und ich im Büro der Notarin. Der Verkauf unseres Elternhauses wird offiziell besiegelt und unser großes Jahresprojekt ist damit fast abgeschlossen. Ein paar Wochen dauert es noch bis zur Schlüsselübergabe. Aber im kommenden Jahr wird eine neue Familie das Haus übernehmen, das meine Großeltern in den 50er Jahren gebaut und die Eltern 1981 umgebaut haben. Davor viele Monate Ausräumen, Sortieren, Kümmern. Wen wundert’s, dass dieses Thema unser Jahr geprägt hat wie kein zweites?!
Das Häuschen meiner Großmutter aus den 50er Jahren. Die Eltern haben es 1981 aufgestockt.
1. Akt: Ausräumen
In den ersten Monaten des Jahres hat uns meine Schwester knallhart alle zwei Wochen ein langes Räumwochenende verordnet. Wir sichten Schrankinhalte, versuchen, zwischen Brauchbarem und Unbrauchbarem zu unterscheiden. Wir zupfen Fotos aus Fotoalben, stehen staunend vor Bergen von Gürteln. Alle paar Wochen möchte unser Vater noch etwas aus einer der Kisten. Wir lernen, dass viele der alten Schätze heute kaum noch verkäuflich sind: das gute Geschirr, die alten Pelze, die teuren Porzellan-Weihnachtsglocken – alle geben zur gleichen Zeit die gleichen Dinge ab. Was dagegen mehr Wert gewesen wäre – die Original-80er Playmobilburg mit Bäckerei und Schmiede – verkaufe ich versehentlich vorschnell an einen Zwischenhändler. Ich hatte mich so darauf gefreut, dass nochmal ein Kind damit spielen würde, dass ich den Sammlerwert gar nicht erfasst hatte. Zu spät. Wochenlang hängt mir das nach. Aber immerhin: ein paar große Kisten weniger. Und fast ein Jahr später ist er die Burg immer noch nicht los geworden.
So berührend … Hätte ich gewusst, dass kein Kind damit spielt, hätte ich es nicht mitgegeben.
Spezialzwinge vom Opa
Zum Geburtstag im April feiere ich Abschied im Haus und freue mich über jedes Stück, das ich an Freunde weitergeben kann. Ein paar Bilder und gute Möbel gehen danach noch an die Nachbarn. Und ich lerne dabei: Viel wichtiger als ein guter Verkaufspreis ist es, zu wissen, wo die Dinge sind. Dass sich jemand darüber freut und es in Ehren hält. Dass es weiter benutzt wird. Und dass ich weiß, wo ich den tollen Schraubstock und die großen Zwingen vom Opa, Mamas Schneiderpuppe oder den Gartenhocker mit dem 70er-Jahre Blumenkissen bei Bedarf besuchen kann. Entsprechend nehmen wir gegen jede Vernunft auch viele, viele Kisten mit Erinnerungsstücken, Fotos, Filmen und nützlichen Gebrauchsgegenständen mit zu uns nach Hause. Nicht alles hat schon seinen Platz bei uns gefunden, vieles lungert noch in Kisten herum. Und doch freue ich mich sehr, an Weihnachten das gute Geschirr der Eltern mit dem Goldrand und die Weihnachtspyramide bei meiner Schwester zu sehen. Oder den selbstgetöpferten Eierbecher bei mir im Schrank.
2. Akt: Verkaufsvorbereitung und Sommer im Garten
Anfang Mai ist es dann so weit: Der Entrümpler räumt das Haus aus. Ein paar wenige Möbel bleiben wie abgesprochen stehen, um für den Verkauf noch einen Maßstab zu bieten oder auch mal am Tisch sitzen zu können. Im Keller ist etwas mehr ausgeräumt als erwartet, aber dafür wird die leichte Feuchtigkeit sichtbar. Das ist wichtig. Danach noch ein gemeinsames Putzwochenende – und dann ist das Haus wirklich präsentabel!
Was ich erstaunlich finde: Es fühlt sich immer noch sehr nach Zuhause an. Das Licht, der Blick aus den Fenstern, die wenigen Möbel, die heimelige Küche – all das ist einfach immer noch vertraut … Was am meisten fehlt, ist der große Flurspiegel – quasi ein gewohntes “Fenster” weniger. Wir machen Fotos, erstellen ein Exposé, versuchen es erstmal ohne Makler – anscheinend mit Erfolg: Drei Interessenten aus der Nachbarschaft und dem Bekanntenkreis, zwei Besichtigungstermine und direkt ein Treffer! Bald schon sind wir kurz vor dem Notartermin. Dass wir uns zufällig nach der Besichtigung im gleichen Restaurant getroffen haben, werten alle Seiten als gutes Omen. Es gibt Sympathiebekundungen, wir freuen uns über die Energie der “Neuen” und ich bin begeistert, dass ich sogar mein geliebtes Gartenhaus ab und an mal mieten dürfte. Was mir nämlich am schwersten fällt: Dass wir mit dem Haus auch die kleine Laube auf dem gleichen Grundstück mit verkaufen müssen, diese schnuckelige kleine Holzhütte, in der so viele Erinnerungen stecken. Kindheitswochenenden bei Oma im Garten. Die Familienterrasse, wo wir so viele schöne Stunden verbracht haben.
Entsprechend nutze ich diesen Sommer auch noch für ein paar Übernachtungswochenenden im Häuschen. Der Garten muss eh versorgt werden: Rasen mähen, wässern, das hoch schießende Unkraut entfernen. Und ganz in der Nähe zwei tolle Badeseen. Ich genieße die Hütte, die vertrauten Blicke. Und empfinde es doch auch ein wenig einsam dort. Und bei jedem Handgriff im Garten sehe ich quasi meinen Vater um die Ecke kommen.
3. Akt: nun doch mit Maklerin
Doch in letzter Minute platzt der Verkauf. Die Käuferin springt ab. Gefühlt fangen wir damit wieder von Null an. Da sich zeitgleich Jahresprojekt Nummer 2 schon andeutet und wir mit unseren Kapazitäten am Ende sind, schalten wir nun doch eine Maklerin ein. Wir lernen drei kennen und entscheiden uns für die netteste, die mit ihrer Begeisterung hoffentlich auch die Interessenten mitreißen kann.
Dann alles nochmal von vorne: Sie erstellt ein neues Exposé, mit dem ich zunächst sehr kritisch bin. Meines war natürlich um Klassen besser! Klar! ;- ) – Es dauert ein wenig, bis ich innerlich an die Maklerin abgeben kann, aber am Ende sind wir doch sehr froh, dass wir diesen Weg gewählt haben. Sie nimmt uns viele Besichtigungstermine ab, berät, begleitet, sortiert und führt die Kommunikation mit den Interessenten. Im Herbst stellt sie uns zwei tolle Familien vor, die Haus und Grundstück gerne kaufen und in Ehren halten möchten. Am Ende entscheidet – wie so oft – das höhere Gebot. Gerne hätten wir es beiden gegeben!
Nur mein Gartenhäuschen, das werde ich wohl nicht wiedersehen. Doch ich habe Glück: Um es mir ein wenig leichter zu machen, findet sich ein hübscher kleiner Schrebergarten bei mir in der Nachbarschaft, bei dem ich ein wenig mithelfen kann. An den letzten sonnigen Herbsttagen teste ich das gleich aus: Es fühlt sich supergut an! Wir sind uns sehr sympathisch und der Garten ist wirklich toll. Ich nehme mein Lieblings-Gartenwerkzeug dorthin mit. Der kleine Kühlschrank findet seinen Weg zu mir. Mamas tolle Pfingstrose wächst hoffentlich an im Garten einer Freundin. Und ich lache innerlich beim Rasenmähen, das so schnell gemacht ist im Vergleich zu Papas Garten.
Einen alten Baum verpflanzen
Im September erwartet uns dann noch ein zweites Großprojekt: Die 94-jährige Lieblingstante wagt tatsächlich einen Umzug aus ihrem eigenen Haus auf dem Dorf nach Berlin! Wir haben es zunächst kaum glauben können, aber sie hat es mehrfach wiederholt: Sie will in unserer Nähe sein. Ein geeignetes Heim hat meine Schwester bereits erkundet. Aber die besondere Schwierigkeit: Die Plätze dort werden naturgemäß erst kurzfristig frei und man muss dann innerhalb einer Woche dort einziehen. Das mach mal mit Transport von Niedersachsen nach Berlin! Puh!!
Tatsächlich hat es dann erstaunlich gut geklappt. Ein freier Platz, ein Anruf bei der Tante: “Ich komme am Wochenende und hole Dich nach Berlin!” Und ein entschiedenes “Ja!” am anderen Ende der Leitung. Sie freut sich, sie weiß, was sie tut. – Da meine Schwester just an dem Wochenende nicht kann, fahre ich alleine nach Walsrode, markiere Kleidung, packe Koffer und lasse mich mit der Tante in einer Art Großraumtaxi nach Berlin kutschieren. Wie aufregend! – Und last minute, direkt vorm Einsteigen, kommt auch nochmal der Lieblingsdoktor und verabschiedet sich. Was für ein Glück! – Meine Schwester erwartet uns am Heim, begrüßt, beknuddelt und hilft beim Auspacken. Und der erste Eindruck der Tante ist tatsächlich gut, es scheint ihr zu gefallen. Die hübschen Vorhänge und noch etwas Sonne dort im Garten.
Doch neue Dramen kündigen sich an: Die Mama bricht sich den Knöchel und wird die nächsten Wochen in Krankenhaus und Geriatrie im Bett liegen müssen. Sie hasst es! Mein Vater besucht sie täglich. – Zeitgleich landet die Tante auch im Krankenhaus, aber zum Glück nur kurz. Diesmal kann ich nicht, meine Schwester kümmert sich. Danach dann die Eingewöhnungsphase im Heim. Viele Besuche hier und dort. Viel Organisation. Viel Freud und viel Sorge! – Inzwischen geht es allen gut, die Mama übt fleißig Laufen und wir können alle gemeinsam Weihnachten feiern. Gott sei Dank! Fürs nächste Jahr hoffe ich auf mehr Ruhe und Rhythmus und noch eine schöne gemeinsame Zeit mit den Liebsten, möglichst ohne allzu große Dramen.
Ach ja, und natürlich haben wir dann nach dem Umzug noch ein zweites Haus zu räumen, das wir – zum Glück – bereits verkauft hatten. Meine Schwester und ich nutzen das erste lange Oktoberwochenende dafür und packen wieder Kisten, sortieren Fotos, nehmen Abschied, …
Fotografie und mehr – Vielseitigkeit als Spezialität!
Neben all dem fällt es schwer, meine eigenen Dinge noch zu organisieren. Immer wieder versinke ich im Chaos und bin genervt von mir selbst. Die Bürotage in Teilzeit geben mir Struktur und eine Basis. Die freie Zeit schafft die nötige Flexibilität, um mich zu kümmern. Ein paar schöne Fotoaufträge habe ich auch in diesem Jahr. Doch Zeit und Energie reichen nicht für weitere Akquise. Und auch mit meinem Herzensprojekt, dem Journal, komme ich nur schleppend hinterher. Trotzdem möchte ich es fortführen.
Immerhin: Mir wird mehr und mehr bewusst, dass ich meine große Leidenschaft, die Fotografie, als zweites Standbein stärken will (und muss). Und dass ich über die Fotos hinaus auch gleich noch mehr damit anbieten kann: mit Fotos und Text die Website und Drucksachen gestalten oder die Bilder direkt auf der bestehenden Website einbauen. Meine Vielseitigkeit zwischen Fotografie, Text, Gestaltung und Technik als Spezialität. – Ich liiiiebe es einfach zu fotografieren und kann mich irre über die schönen Fotos und Erinnerungen freuen.
So arbeite ich bereits seit einigen Jahren neben dem halben Bürojob selbstständig als freie Fotografin. Um professioneller und schneller zu werden, investiere ich in diesem Jahr in neue Technik: eine neue Kamera, ein neuer Rechner, mit dem ich auch die KI-Funktionen nutzen kann, ohne dass er dabei in die Knie geht. Beides gute Investitionen, aber es kostet schon ein wenig Mut und Vertrauen, bei weniger Einnahmen so zu investieren. (Das Geld vom Hausverkauf ist ja nicht meins.) Und ich habe noch längst nicht alles von meiner Wunschliste. Für die neue Kamera hätte ich gerne noch weitere Objektive, vielleicht auch eine neue Reisekamera, … Auch bei diversen anderen Techniktools steige ich inzwischen mehr und mehr um auf die Profiversion und liebe es. Nun muss ich “nur” noch meine eigenen Websites aktualisieren und mich trauen, mehr “ins Licht” zu treten!
Hier eine Auswahl meiner liebsten Fotoaufträge des Jahres:
Porträtfotos
Ein herrlicher Sommertag, wir machen einen entspannten Foto-Spaziergang, um Bilder für eine “Coaching-Reise in die Freude” in Portugalzu bekommen. Dabei kann ich diesen magischen Blick von Paartherapeut Florian Klampfer einfangen. Das wird das neue Headerbild für seine Website. Als zusätzlichen Service baue ich ihm direkt alle neuen Fotos auf der bestehenden WordPress-Seite ein und nehme ein paar kleine Änderungen vor.
Party
Als begeisterte Tanzmaus liebe ich es natürlich, auf Parties zu fotografieren. Da kann ich meine beiden größten Leidenschaften Fotografieren und Tanzen so richtig zusammenbringen und es wird herrlich bunt. – Wegen der Persönlichkeitsrechte zeige ich hier nur ein Bild von mir.
Business-Veranstaltung: Women in Mobility
Ein spannender Auftrag erwartet mich im September: Ich darf das WiM Luncheon des internationalen Netzwerks Women in Mobility auf der InnoTrans 2024 fotografisch begleiten. Der erste größere Einsatz auf einer Veranstaltung mit der neuen Kamera und Anlass für den neuen Rechner zur Bearbeitung.
Jelbi: Mobilität und Stadt
Seit drei Jahren dokumentiere ich regelmäßig für die BVG die nach und nach überall in der Stadt entstehenden Jelbi-Standorte. Der perfekte Job für mich! Damit komme ich ziemlich viel rum und ich profitiere von meinem Blick für Stadt und Architektur. Gegen Ende des Jahres wird sogar ein erstes Jelbi-Netz außerhalb Berlins in Kleinmachnow eröffnet, leider bei wirklichem Sauwetter.
Inspiralab-Workshop: “Das Gefühl der Stadt”
Außerdem leiste ich mir in diesem Jahr einen Workshop beiinspiralab, deren kreative Gefühlsfotos ich total großartig finde. Unter dem Motto “Das Gefühl der Stadt” ziehen wir einen Tag lang durch Berlin und experimentieren mit intuitiver Fotografie, Langzeit- und Mehrfachbelichtungen, Spiegelungen und Mutproben. Ein absolut inspirierender Tag. Die dann folgende Aufgabe, aus den Fotos und unserem persönlichen Song der Stadt ein kleines Video zu gestalten, überfordert mich zwischen all den Hausthemen ein wenig. Video ist nicht so mein Medium. Aber die Ergebnisse der anderen zu sehen, war absolut mindblowing! Wow, was für Schätze dabei entstanden sind!! Der besondere Lerneffekt ist ja, zu sehen, was noch alles möglich ist! Absolut empfehlenswert und toll organisiert! – “Die Intuition ist deine Superkraft”, steht auf den Beuteln, die wir zum Workshop bekommen haben mit Handout, Farbfolien etc. – Toll!
Naturfotografie als Kalenderbilder
Meine liebsten Naturfotos verarbeite ich – wie in jedem Jahr – wieder als Kalenderbilder und im Journal. Wobei ich dabei immer auf mein gesamtes Bildarchiv zurückgreife, nicht nur auf die aktuellen Motive. Den Kalender 2025 findest Du noch in meinem Shop. Gerne erstelle ich Dir aus den Kalenderbildern der vergangenen Jahre auch eine eigene Auswahl nach Deinen Wünschen.
Und das Glück? Die schönen Momente?
Ich mache in diesem Jahr die verwirrende Erfahrung, dass ich oft zu angespannt bin, um wirklich Lust auf Freizeitaktivitäten zu haben. Gerne bin ich einfach zuhause auf dem Sofa, den Fernseher an, den Rechner auf den Knien. Gesund ist das nicht. Der Rücken verspannt.
Ich nehme mir natürlich trotzdem viele schöne Dinge vor und habe auch Spaß daran, empfinde das aber oft als flüchtig, die Anspannung bleibt. Es ist nicht mein glücklichstes Jahr. Aber das muss es vielleicht auch nicht, diese Phasen gibt es immer. Gerade habe ich ein schönes Zitat dazu gefunden von Robert Waldinger, der die größte Harvard-Studie zum Thema Glück leitet. – Ich bin froh, gute Freunde zu haben und gewinne neue wichtige Freundschaften dazu. Für mehr habe ich nicht die Zeit und nicht den Kopf frei.
“Ich bin natürlich nicht immer glücklich. Niemand ist das. Glück ist ein Momentgefühl. Jetzt gerade bin ich glücklich, schon in einer Stunde kann sich das geändert haben. … Ich denke, es ist so: Wir können Glücklichsein nicht herbeizwingen; aber wir können durch unser Handeln die Wahrscheinlichkeit erhöhen, es häufiger zu empfinden.”
Was mich immer glücklich macht und was ich auch in diesem Jahr aktiv eingebaut habe, ist Tanzen und Bewegung draußen. Schwimmen, Langlauf, Radfahren. Fotografieren und mich an den schönen Fotos erfreuen. Ein bisschen Gärtnern, in Erde wühlen. Plätzchen backen. Ich hatte tolle Begegungen mit alten und neuen Freunden. Ein wenig Kultur. Und viele wunderbare Parties.
Natur, Reisen und Ausflüge
Winterzauber
Im Januar gibt es zauberhaften Raureifund danach sogar 4 Tage Schnee in Berlin – nicht nur immer mal so einen Vormittag – das ist inzwischen ja leider schon eine Seltenheit! Ich genieße Spaziergänge mit Schneeknirschen und morgendliche Skitouren im Schillerpark und in den nahegelegenen Rehbergen, mache eine (anstrengende) Fahrradtour am Kanal durch den Schnee nach Tegel. Danach treffe ich zufällig zwei Schulfreund:innen und wir reden lange.
Buchmesse Leipzig
Zur Buchmesse fahre ich in diesem Jahr in der Hoffnung, einen Verlag für mein Journal zu finden. Fast hätte das auch geklappt, wenngleich ich irritiert war, dass nur ein einziger Verlag dort infrage käme. Aber mein modulares Konzept lehnen sie ab. Das Vorgängermodell hätten sie durchaus vermarktet. Druckkosten auf eigenes Risiko. – Der Besuch auf der Buchmesse ist trotzdem immer wieder toll! Leipzig zeichnet sich dadurch aus, dass dort auch viel Buchkunst gezeigt wird. Und dann gibt es ja noch die Manga Convention und viele Besucher:innen in den abgefahrensten Kostümen! Am Abend zuvor tanzen wir Tango. Ich freue mich über die netten Gastgeberinnen, bei denen ich übernachten und sogar ein Fahrrad leihen darf. Der Weg zur Buchmesse wird dann ein langer Spaziergang: Die Busse streiken!
Ostern in Lenzen
Zu Ostern besuche ich – wie schon oft – Freundinnen in Lenzen. Schön auf dem Land mit langen Spaziergängen am Deich und über die Binnendüne und Ostereiersuchen. Überraschung: Beim Frühstück bei den Nachbarn mit den tollen Hühnern stellt sich heraus, dass sie die Mutter einer entfernten Studienkollegin aus meinem Netzwerk ist. So klein ist die Welt!
Sommerfrische an der Schlei
Lange schon wollte ich die Schlei in Schleswig-Holstein erkunden, die auf der Landkarte immer so beeindruckend aussieht. In diesem Jahr bietet es sich dann absolut an, denn unser “Naturkunde-Wochenende” ist Anfang Juni eh nach Kappeln geplant. So schön male ich mir das aus: Eine Fahrradtour mit Zelt an der Schlei und Küste entlang. Und dann: Regen, 17 Grad!! Also Planänderung: Eine süße Gartenhütte gebucht in günstiger Lage nahe dem Bahnhof Lindaunis und von dort dann Tagestouren mit (Bahn und) Rad. So sehe ich – etwas umständlicher – fast alles, was ich sehen wollte. Aber zwischendurch bin ich schon sehr frustriert, so kalt und eingeregnet. Meinen Sommerurlaub an der Ostsee hatte ich mir anders vorgestellt!
Immerhin: Die Hütte ist wirklich süß und genau passend für mich, ich kann dort im gemütlichen Ledersessel die Europawahl im Fernsehen verfolgen, vormittags genüsslich im Bett chillen und habe eine kleine Gartenküche auf der Terrasse. Nur die Gartendusche reizt mich nicht! Ein Hoch auf den Waschlappen. Das kleine Bad hat schön warmes Wasser und wartet mit einer faszinierenden, modernen Komposttoilette auf. Eine spannende Erfahrung!
Das beste aber ist tatsächlich die Lage am Bahnhof Lindaunis, denn von dort kann ich mit dem Zug zumindest in Nord-Süd-Richtung ganz wunderbar abkürzen, was sonst als Fahrradtour zu weit wäre oder bei dem Wetter keinen Spaß macht. Meine Highlights: Ein Ausflug nach Flensburg, wo ich spontan einen jüngst dorthin “ausgewanderten” Tanzfreund treffe – er sitzt 100m Luftlinie von mir im Café, als wir uns schreiben. So schön! Und das Licht dort an der Küste … Glücksburg hat mich sehr beglückt. Dort komme ich ins Gespräch mit einer “Einheimischen” und fange tatsächlich an zu überlegen, ob das der passende Alterswohnsitz für mich sein könnte? Und – lange geplant – ein Treffen mit dem Wattgeizer in Schleswig, den ich über gelegentliche Bestellungen in seinem Online-Shop, nette Mails und seltene Telefonate seit Jahren kenne und schätze, den ich aber noch nie live gesehen habe. Wir verstehen uns auf Anhieb, schauen die tolle Ausstellung “Naturfotografen des Jahres”, stellen fest, dass wir die gleiche Kamera haben und viele ähnliche Themen und essen zum Abschluss noch ein Eis am Hafen. Wirklich ein schönes Kennenlernen! Das beeindruckt mich ja immer wieder, wie man heutzutage auch über die Entfernung schon eine Verbindung aufbauen kann und es sich dann anfühlt, als hätte man sich schon oft gesehen.
Ein besonderes Highlight hatte ich mir noch vorgenommen, vorab gebucht in der Camping-Planung: Eine Übernachtung im Schlafstrandkorb Eckernförde! Da ich es nicht stornieren kann, bei Regen aber doch lieber in der Hütte Abschied feiern möchte, probiere ich es nur tagsüber mal aus und bin tatsächlich ganz angetan. Kannmanmamachn. Sehr chillig. Bei gutem Wetter bestimmt ein tolles Erlebnis abends und morgens am Strand!
Abkühlung im See und Freibad
Zurück in Berlin wird der Sommer natürlich noch wärmer, bleibt zu meiner Freude aber schön durchwachsen mit wenigen, erträglichen Hitzespitzen. An einem der heißesten Wochenenden chille ich auf einer alternativ organisierten Tanzreise mit Zelt und Gemeinschaftsküche genüsslich am Wukensee und finde neue Freunde. An anderen Hitzetagen liege ich platt am Flughafensee. Und – auch dank der Sommerverlängerung – drehe ich viele schöne Runden im Freibad Humboldthain und kann gar nicht genug davon kriegen. So kühl, so blau, so herrlich! Am Ende schaltet der Hochsommer dann buchstäblich von einem Tag auf den anderen um auf Herbst.
Nachthimmel
Bei meiner Tante im Garten auf dem Dorf fange ich an einem klaren Sommerabend den Sternenhimmel ein und bin sehr fasziniert davon. So als Stadtkind sehe ich ja nie die volle Pracht.
Aber eigentlich wünsche ich mir nichts sehnlicher als endlich Polarlichter zu sehen! Im Mai sind sie in ganz Deutschland sichtbar. Bei mir: nada! – So bin ich am 10. Oktober schon ganz zufrieden, zumindest ein schwaches Licht mit der Kamera einfangen zu können. (Mit bloßem Auge nicht wirklich sichtbar.) Da sich erstmal nichts bewegt, denke ich, da kommt nichts mehr, und verziehe mich mit der Umsatzsteuervoranmeldung ins andere Zimmer. Was für ein Fehler! Hinterher überall Stories und Posts von begeisterten Leuten, wie toll das selbst mit bloßem Auge zu sehen war! Auch in Berlin!!! Ich könnte mir so in den Hintern beißen… Für die Umsatzsteuer! grrrr….
Kultur
Dieses Jahr ist für mich nicht soooo reich an kulturellen Ausflügen wie in anderen Jahren, hat aber dennoch einige Highlights.
Berlinale
Die Berlinalefeiere ich in dieserm Jahr wieder sehr ausgiebig mit insgesamt 17 Filmen.
Vektor
Die Arbeiten von Christopher Bauder faszinieren mich schon lange. Daher schaue ich mir natürlich auch VEKTOR an, die neueste audiovisuelle Installation im Kraftwerk Berlin.
Ausstellungen
In Potsdam besuche ich mit einem Freund aus Nürnberg gleich zwei Ausstellungen im großartigen Barberini: Munch und Modigliani. Zugleich habe ich damit auch einen Lndschaftsarchitekten an meiner Seite als fachkundige Begleitung für den nahegelegenen Karl-Foerster-Garten.
Show
Die Bar jeder Vernunft zählt zu meinen absoluten Lieblingsorten in Berlin. Viele tolle Shows habe ich dort schon gesehen im alten Spiegelzelt. In diesem Jahr bin ich gleich zweimal dort, zu Katharine Mehrling und Pigor und Eichhorn. Katharine Mehrling sehe ich außerdem noch im Berliner Dom.
Eine spontane Überraschung ist für mich das Festival “Durchlüften” im Schlosshof. Ich gebe zu, dass mir das neue Humboldt Forum noch etwas suspekt ist. Aber die Atmosphäre bei den Konzerten – umsonst und draußen – erinnert mich an die guten alten Heimatklange im Tempodrom, damals, als es noch ein Zelt war.
Tanzen
Meine zweite große Leidenschaft ist ja das Tanzen: Foxtrott, Walzer, Swing & Co. Meine Lieblingsparty, auf der ich viele, viele Jahre “Immer wieder sonntags” ganz wunderbar getanzt habe, feiert in diesem Jahr unglaubliche 30 Jahre Café Fatal! Herzlichen Glückwunsch, altes Haus!! – Auf dass wir noch oft zusammen dort feiern dürfen! Ich bin seit 1996 dabei, auch schon stolze 28 Jahre!!
In diesem Jahr gibt es – viel zu wenig, aber immerhin – Café Fatal im März, April und Juni, die Geburtstagssause und Silvester auf Probe. Zum Glück gibt es außerdem noch zweimal Salon Schlinkert nach dem “Tango zum Glück”, Ballhaus König und im Sommer – ganz neu – den wunderbaren Tanz im Paradiesgarten. Und natürlich meine geliebte Strandbar zum draußen Tanzen!!
In der ersten Jahreshälfte bin ich regelmäßig im Walzerlinksgestrickt, wo ich beim Swingkurs assistieren darf. Auch einer der Orte, die mich einfach glücklich machen!!
Gesellschaft
Das Jahr 2024 beginnt mit den Correctiv-Enthüllungen zum Potsdamer Treffen rechtsextremer Kreise mit “Remigrations”-Plänen und den darauf folgenden bundesweiten Demos gegen Rechts (parallel dazu demonstrieren die Landwirte). Genau ein Jahr später sind wir wieder an einem ähnlichen Punkt, aber mit einer ungleich höheren Frequenz negativer Nachrichten.
Die Europawahlen und die Landtagswahl in Sachsen, Thüringen und Brandenburg – alles ziemlich erschreckend!!
Immerhin: Das Selbstbestimmungsgesetz tritt in Kraft!
Kamala Harris tritt als letzte Hoffnung gegen Trump auf – und verliert. Aber ihre Rede nach der Wahlniederlage ist toll! Die FDP spielt ein falsches Spiel und provoziert das Ampel-Aus.
Parallel dazu immer noch Ukrainekrieg und Israel/Gaza.
>> 2024 ist frustrierend. Aber ich fürchte, im Vergleich zu dem, was 2025 zu erwarten ist, wird es uns noch kuschelig vorkommen …
Und sonst?
Die Eltern feiern ihren 60. Hochzeitstag!!
Meine erste Mini-OP, vorher und nachher ganz wunderbar umsorgt und begleitet von lieben Freund:innen! Danke!!!
Der erste Besuch in der NochMall – ich bin beeindruckt!!
Und kurz vor Jahresende traue ich mich noch, eine mutige Mail zu schreiben! Hat geklappt, ich bin mir unendlich dankbar!!
Fazit und Ausblick
Puh. Ich sagte schon: ein anstrengendes, herausforderndes Jahr. Entsprechend wünsche ich mir mehr Klarheit und Rhythmus in 2025. Nach und nach arbeite ich ab, was in 2024 liegen geblieben ist. Gesellschaftlich wird uns 2025 nicht viel Ruhe lassen. Privat wünsche ich mir das sehr. Immerhin habe ich jetzt klar erfahren, dass man einen großen Elefanten am besten Stück für Stück isst. Ich habe gelernt, dass man nicht zu lange warten sollte, ehe man die “Schätze” auf dem Dachboden verkauft. Freue mich an den Erinnerungsstücken. Lerne, dass eine Handvoll Fotos von den liebsten Menschen am Ende das Wichtigste sind. Und überhaupt: Wie schön, dass noch alle unter uns weilen und meine süße Tante jetzt etwas näher ist!!
Mit meinen Wochenrückblicken komme ich mal wieder nicht hinterher, aber ich mache immerhin mit beim #12von12. Diesmal ein Dienstag, ich bin im Büro, zeige aber lieber die schicken Frühjahrsblüten und reflektiere meinen abendlichen Kinobesuch: “Zone of Interest”. Für mehr reicht es nicht mit so wenigen Bildern. 😉
Morgens war ich noch furchtbar müde von der anstrengenden letzten Woche und musste mich erstmal sortieren. Für den Überblick habe ich mir die zigtausend anstehenden Aufgaben notiert und bin dabei auf die Idee gekommen, sie mal neu zu deklarieren. Oft fasse ich sie nach Themen zusammen oder quasi nach Ort: “Schreibtisch | Wohnung | draußen/Einkäufe”, eher selten nach “dringend” und “wichtig”. Meine Liste heute war unterteilt nach “Must do | Want to | entlastet mich | versprochen”. Ich finde, das bringt nochmal ganz neue Erkenntnisse! In der Rubrik “Want to” stand auch das #12von12, obwohl die Must-Do-Liste auch so schon lang genug ist.
Noch im Schlafanzug habe ich kurz die Sonne auf meiner Terrasse genossen. Frisch geduscht ging es dann auf den Weg ins Büro – mit dem Rad natürlich!
Bei mir im Wedding kam ich an diesem lustig geschmückten Strauch vorbei …
… und fand, dass diese winzig kleinen Beeren in der Vergrößerung aussehen wie Ostereier. Lustig!
Ich sinnierte auf dem Rad ein wenig darüber, dass man jede Geschichte auch ganz anders erzählen könnte. Ich könnte genausogut von der hässlich vermüllten großen Baustelle berichten, an der ich seit Monaten vorbeifahre, und von der toten Ratte auf dem Weg. Aber ich lenke den Blick lieber auf das Schöne. Schau mal, wie herrlich die Forsythien in der Sonne leuchten!
Die tolle Krokuswiese im Humboldthain blüht nun schon eine ganze Weile und ich war schon mehrfach dort auf Fotojagd. Davon berichte ich sicher nochmal mit mehr Bildern. Jetzt habe ich extra nochmal fürs #12von12 geschaut. Die herrlichen Krokusse sehen wirklich noch gar nicht verblüht aus!
Die blühende Zierkirsche hinter dem Zaun habe ich auch schon letzte Woche entdeckt. Ich kam kurz ins Gespräch mit einem jungen Mann, der behauptete, er habe sich auch schon über die Maiglöckchen gefreut. Oups! Wenn die Maiglöckchen jetzt schon im März blühen, dann haben wirklich ein Problem! Aber ich glaube, er kennt sich nicht so aus und hat das mit Schneeglöckchen verwechselt. 😉
Ich kann natürlich auch nicht alle Namen. Diese gelben Puschelblüten liebe ich zum Beispiel sehr, vergesse aber immer, wie der Strauch heißt.
In der Mittagspause bin ich dann in meinen liebsten Pausenpark geradelt, den Monbijoupark in Mitte. Da habe ich Osterglocken entdeckt …
… und die Magnolie blüht!
Und hui, was blüht denn hier? Flora Incognita schlägt Rot-Ahorn vor. Ist das tatsächlich schon die erste Ahornblüte? Das muss ich mal beobachten. Ahorn liebe ich ja sehr!
Scilla blüht auch noch am Bodemuseum. Und noch ein paar kleine Blütchen und ein Baum, die jetzt nicht mehr in die Auswahl passen.
Abends bin ich dann mit meiner Kollegin ins Kino gegangen in den wunderschönen Hackeschen Höfen.
Wir haben “Zone of Interest” geschaut. Puh! Was für ein Film! Danach habe ich noch ein Stündchen im Kino-Vorraum gesessen und auf Wikipedia und in der ZEIT über Höß und seine Familie gelesen. – Wie erging es den Kindern später im Leben mit dieser Geschichte? Höß wurde zum Tode verurteilt und 1947 hingerichtet und zwar in Auschwitz, lese ich. Wäre lebenslang nicht vielleicht sogar die größere Strafe gewesen? Andererseits hat er sein Unrecht wohl gar nicht gesehen, nicht mit einer Bestrafung gerechnet, er hat ja nur Befehle ausgeführt. Wie so viele. Freimütig hat er alles zugegeben und wertvolle Beschreibungen der Todesmaschinerie geliefert. Sein Lebenswerk.
Ich wollte diesen Film unbedingt sehen, seit ich davon gehört habe. Ich dachte, das ist ein “Must see”. Nun bin ich mir nicht mehr sicher. Ich mochte ihn nicht. Aber was habe ich erwartet? Dieser Film will nicht gemocht werden! Er geht einem gehörig auf die Nerven, und das mit Absicht. Die viel zu laute, nervtötende Musik am Anfang und Ende, die allgegenwärtigen Hintergrundgeräusche des Lagers, durch die man oft Mühe hat, das Gesprochene zu verstehen. Der helle Feuerschein der Krematorien. All das lässt einen zwei Stunden lang körperlich unwohl fühlen. Es gab eine Szene, in der Höß sich erbrechen musste, ohne wirklich zu erbrechen. Das Gefühl hatte ich auch. Zugleich lässt einen der Film erstaunlich kalt. Keine Emotionen. Man fühlt mit niemandem mit. Außer vielleicht mit der Großmutter, die erst bewundernd sagt: “Kind, da bist Du ja richtig auf die Füße gefallen. Wie könnte es mir hier nicht gefallen?” – und dann zunehmend angewidert vom Geruch und Feuerschein abschiedslos abreist. Vieles wird nicht erklärt im Film. Handlungsstränge brechen ab. Bisweilen ist er mir zu gewollt, zu gekünstelt, zu direkt mit der Bildungskeule. Und dann auch wieder gut und bringt neue Aspekte in diese nicht verstehbare Geschichte. Die Karte der unfassbar vielen Lager im Reich hat mich beeindruckt. Eine pompöse Feier der Nazis. Kriegsversehrte beim Konzert. Der Stiefelputzer. Das sich Abwaschen nach dem unreinen Treffen mit einer Lagerinsassin. Sandra Hüllers bauerntölpelhafter Gang. Die spielenden Kinder. Oder einfach der Vater, der beim Ausflug ins Grüne in den Hintergrundlärm des Lagers hinein fragt: “Hört Ihr das? – Das ist die Rohrdommel!”
Das war mein #12von12 im März Und wie war Dein Tag so?
Während andere Regionen Karneval feiern, haben wir in Berlin die Berlinale als Lichtblick im Februargrau. Für mich ist der Spaß an der Berlinale tatsächlich, innerhalb kurzer Zeit möglichst viele verschiedene Filme zu sehen, oft an die zwanzig in zehn Tagen. So viele verschiedene Eindrücke! Und dann kann ich mir den Rest des Jahres das Kino fast sparen, ich habe ja schon vorgearbeitet. 😅 Kleine Filme auf großer Leinwand, Applaus und Gespräche mit den Filmemachern, der wunderbare Berlinale-Trailer und die Spannung, sich die Tickets erst erjagen zu müssen – all das gehört zum Zauber der Berlinale für mich dazu. Und dann noch mein kleines Berlinalespiel: Für ausgewählte Filme kaufe ich auf gut Glück oft zwei Tickets und frage im Freundeskreis herum, wer mich begleiten möchte. So treffe ich teils Freunde und Bekannte, die ich lange nicht gesehen habe.
Mein Berlinalefieber fängt schon mit der Auswahl an – ein komplexes Raum-Zeit-Problem, Entscheidungstraining und FOMO-Trigger. 😉 Neben der Filmauswahl geht es dabei auch um die Wahl der besten Zeit und des schönsten Kinos, und den Weg von A nach B plus Pufferzeit gilt es auch mit zu bedenken. Maximal gut vorbereitet mit einem klaren Plan sitze ich also ab Verkaufsstart fast jeden Morgen mit der Atomuhr im Blick und klopfendem Herzen vorm Rechner und drücke um Punkt 10:00 auf Aktualisieren. Trotzdem klappt es nicht immer, manche Filme sind in Sekundenschnelle vergriffen. Drauf klicken geht noch, ich freue mich kurz, beim Buchen dann die Fehlermeldung: “nicht mehr verfügbar”. Und währenddessen habe ich dann wertvolle Sekunden für den zweiten Film verloren. Und so wie im Bild rechts sieht mein Programm dann aus mit den Filmen, die ich tatsächlich gesehen habe.
Das persönliche Berlinale-Programm ist also immer auch ein bisschen Glück und Zufall. Die besondere Schwierigkeit: Die Filme wandern ja erst nach und nach in den Verkauf – in der Regel drei Tage vorher – und während der Wunschfilm an einem Tag leicht zu bekommen war, kann er zum Wunschzeitpunkt sofort ausverkauft sein. Dann passt er aber woanders nicht mehr ins Programm und fällt damit leider raus. Young Hearts zum Beispiel habe ich so nicht mehr erreicht und auch der von vielen empfohlene Crossing ging mir leider durch die Lappen. Ich hoffe, dass beide ins normale Kino kommen. Young Hearts zumindest ist jetzt auch bei Edition Salzgeber, die Chancen stehen also gut. – Diese 17 Filme habe ich gesehen:
Mit Klick auf den Link in der Liste kommst Du direkt zu den Filmen, die Dich interessieren. Ich zeige übrigens nur eigene Fotos von den Spielorten, um etwaige Diskussionen um Bildrechte zu vermeiden.
🎬 Migration & Schule >> 🎞️ Favoriten | 🎞️ Sieger sein
Ich mag es dann, wenn sich in meinem Berlinale-Programm zufällig thematische Ähnlichkeiten ergeben. Daher sortiere ich die Filme im Text ein wenig, auch wenn das dann gar nicht meiner chronologischen Reihenfolge entspricht. So hatte ich jetzt mehrere Filme rund um das Thema Migration, zwei davon im Schulkontext.
Mein Startfilm Favoriten porträtiert über drei Jahre eine Grundschulklasse in Wien und das Engagement der Lehrerin im Umgang mit der kulturellen Vielfalt und den fehlenden Deutschkenntnissen der Schüler:innen. Von der Machart ein sehr konventioneller Dokumentarfilm, zeigt der Film doch einige berührende Momente, zum Beispiel, wenn die Kinder stolz die zuhause erlernten traditionellen Tänze präsentieren, sich gegenseitig filmen oder auch mit den Eltern zum Lehrergespräch kommen.
Einer *meiner* Favoriten war am Montag im tollen großen Zoopalast der Film Sieger sein. Die Hauptfigur Mona ist neu an einer Weddinger Schule – bei mir um die Ecke also. Sie ist mit ihrer Familie aus Syrien geflüchtet und wird als Neue in der Klasse bös gemobbt. Erst als sie sich im Fußballturnier unter Beweis stellen kann, findet sie Freunde und Anerkennung. Toller Film!! Detlev Buck war einer der Co-Produzenten. Mit dem Mobbingthema und einer Hauptfigur, die sich über einen Wettbewerb da raus kämpft und zu sich findet, erinnert mich der Film an einen meiner Lieblinge vom letzten Jahr: Dancing Queen.
🎬 Experimentell >> 🎞️ Shahid | 🎞️ Reas | 🎞️ Pilze
Besonders gut gefallen hat mir auch der experimentelle Film Shahid im Delphi am Zoo, für den ich extra etwas früher aus Favoriten gegangen bin. In den habe ich mich schon beim Trailer verliebt! Das Spiel mit verschiedenen Ebenen, die abgefahrenen Tanzszenen und Kostüme – super!
Im Filmgespräch wies die megasympathische Regisseurin Narges Kalhor aus dem Iran, die 2009 selbst politisches Asyl in Deutschland beantragt hat, darauf hin, dass leider Unterschiede gemacht werden: Es gibt Asylanten erster und zweiter (und dritter) Klasse. Sie hatte einen bekannten Namen, bei ihr ging es sehr schnell. Andere warten Jahre – oder werden abgeschoben. Auf fluter gibt es ein tolles Interview mit ihr. Shahid soll ab 1. August ins Kino kommen. Der Film ist eine Koproduktion mit dem ZDF – Das kleine Fernsehspiel, kommt also auch ins Fernsehen.
Zum Filmgespräch hat die Regisseurin dann alle und wirklich alle vom Team auf die Bühne geholt (okay, einer konnte nicht nach Berlin kommen und wurde schmerzlich vermisst), links und rechts sind sie im Basket-Schritt an den Zuschauerreihen vorbeigetanzt – und dann durfte sich jede:r selbst vorstellen: “Ich bin … und bin rückwärts durchs Bild gelaufen.” Also echt bis hin zu den kleinsten Rollen! Meeeega sympathisch!! Der Film wurde dann auch noch zweimal bei mir im Wedding gezeigt, in der Betonhalle vom Silent Green und im neuen Sinema Transtopia. Aber da ich ihn unbedingt sehen wollte, habe ich zur Sicherheit lieber die Premiere im großen Delphi gewählt.
Dazu passt der queere Film Reas von Lola Arias, oft als Gefängnis-Musical umschrieben, der auch mit tollen Tanzszenen arbeitet, vor allem Voguing (worüber ich vor Jahren mal eine Doku auf der Berlinale gesehen habe), aber auch ein schöner Hochzeits-Jive. Von der Machart wirkt er wie eine Doku, ist aber eindeutig inszeniert und lebt absolut von den spannenden Charakteren. Transmann Nacho hat eine tolle Bühnenpräsenz und ist in seiner Hart-Weich-Mischung total zum Verlieben. Die zahnlose Voguingqueen hat mich begeistert und natürlich Yoseli, die blonde Drogenhändlerin im Zentrum des Films. Sicher kein Mainstream, aber absolut sehenswert! Einen guten Einblick und ein paar tolle Hintergrundinfos bekommt man im Interview mit Lola Arias auf arte.
In der Betonhalle habe ich dann eine Art Filmperformance gesehen, die ich immer nur “die Pilze” nenne, weil der Name Nanacatepec so unaussprechlich ist. 50 Minuten “Diashow” mit unscharfen Naturphotos, oft zwei Bilder nebeneinander projiziert, dazu Musik. Ich mag sowas ja, am Anfang habe ich mich aber doch gefragt, was das soll? Da waren die Bilder wirklich unästhetisch. Das wurde zum Ende aber besser, so dass ich in etwa bekommen habe, was ich erwartet hatte. Nett war außerdem, dass ich noch zufällig Nachbarn dort getroffen habe und kurz mit ihnen gequatscht, das ist ja bei mir um die Ecke.
Da es nach der Berlinale zu großen Diskussionen kam, hier mein einziges komisches Erlebnis: Der Moderator erklärte vor dem Film kurz und knapp, zwei Filme in der Experimentalfilm-Sektion Forum Expanded hätten ihre Teilnahme wegen des Streikaufrufs “Strike Germany” leider abgesagt (künstlerischer Boykott Deutschlands wegen zu starker Israelfreundlichkeit). Als daraufhin etwa 80% des eher jungen Publikums applaudierten, war ich echt irritiert. Der Streikaufruf geht mir zu weit.
Was ich im Tagesspiegeldazu lese, kann ich jedenfalls nicht unterstützen und habe daher nicht applaudiert:
“Ayo Tsalithaba stammt aus Ghana und Lesotho, schließt sich ausdrücklich ebenfalls der ‘Strike Germany’-Kampagne an und schreibt auf Instagram: ‘Dies ist eine Reaktion auf die rassistische und faschistische deutsche Regierung, auf Zensur, Unterdrückung, und die Billigung unsäglicher Gewalt gegen Palästinenser UND auf die Unterstützung der Militärschläge der USA und Großbritanniens gegen den Jemen.'”
Mit einem eigenen Kommentar dazu kann man sich ja derzeit nur in die Nesseln setzen, erst recht jetzt nach dem Hilfslieferungsdesaster. Ich hoffe, es gibt endlich, endlich eine friedliche Lösung für diesen verworrenen Konflikt!
Dann gibt es auch immer wieder die Kategorie Filme, bei denen es mir hauptsächlich um die Bilder und den Einblick in fremde Kulturen und Landschaften geht, wie bei Raíz | Durch Felsen und Wolken. Ein ganz ruhiger Film mit vielen Einblicken in die Landschaft und das Leben im ländlichen Peru mit tollen Trachten, Alpakas und Schäferhund. Nebenbei aber auch ein Plädoyer für den Erhalt der Landschaft und gegen die Ausbeutung durch den Bergbau. Die Hauptdarsteller des Films und der Vater des Jungen waren extra aus Peru angereist und haben uns auf der Bühne ihre Trachten vorgestellt.
Die Q&As nach dem Film, zumindest in den ersten Tagen, sind ein weiteres Highlight der Berlinale. Die Filme werden im Original gezeigt mit deutschen und/oder englischen Untertiteln. Bei den Kinderfilmen wird der deutsche Text zusätzlich live eingesprochen. Allein das ist schon ein tolles Erlebnis! Überhaupt sind die Filme der Sektion Generation auf der Berlinale der Hit!
Beim Wettbewerbsfilm Shambhala, der in Nepal spielt, habe ich zunächst Ähnlichkeiten zu Raiz gesehen: Die Berglandschaft, das einfache Dorfleben, Viehzucht und bunte Trachten. Die Geschichte rund um Liebe und Eifersucht hat sich dann aber sehr anders entwickelt und auch die Landschaft wurde immer dramatischer. Bisweilen unlogisch, aber ein echter Berlinalefilm der Kategorie fremde Kulturen und Landschaften! Toll!! Vor allem auf der großen Leinwand im Haus der Kulturen der Welt. Das liebe ich ja sehr!
Da wir aufgrund einer Preisverleihung vorher verspätet angefangen haben, durften wir nach dem Film übers Dach raus. Ich habe den tollen Saal nochmal aus ganz neuen Perspektiven gesehen und der Blick auf dem HKW-Dach ist einfach großartig! (Mal abgesehen von der Baustelle im Vordergrund.)
🎬 Noch mehr Liebe >> 🎞️ Between The Temples | 🎞️ Black Tea
Um die Liebe ging es auch in Between the Temples, eine Art Harold-and-Maude-Geschichte. Hier hat mich die körnige Bildsprache allerdings nicht so angesprochen und das war für mich eher kein typischer Berlinalefilm, eher normales Kino. Letztlich hatte ich ihn auch nur gebucht, weil ich für meine Favoriten keine Tickets bekommen habe. Die Hauptdarstellerin Carol Kane war allerdings allerliebst!! Und meiner Begleitung hat der Film sehr gut gefallen.
Der Wettbewerbsbeitrag Black Tea ist ebenfalls sehr ruhig und mit tollen Bildern. Die Farben und Muster! Die tollen Kleider und Frisuren! Die Landschaften! Der Film spielt hauptsächlich in China, aber auch an der Elfenbeinkuste und den Kapverden. Die (Liebes-)Geschichte hinterlässt bisweilen Fragezeichen und hat (leider) ein offenes Ende. Aber ich mochte die Stimmung, habe erstaunt gelernt, dass es in China anscheinend eine große afrikanische Community gibt, dass die jüngere Generation ganz anders drauf ist als die traditionsbewussten Erwachsenen und die Großeltern rassistische Gedanken zum Fremdschämen äußern. Toll gefallen hat mir die Technik, Bilder übereinander zu blenden wie einem Blick durch eine reflektierende Schaufensterscheibe.
Nach dem Film haben wir noch den herrlichen Sonnenuntergang genossen und erstaunt festgestellt, dass wir uns zuletzt zur Berlinale 2020 gesehen hatten. Fühlt sich an, als hätten wir uns erst gestern getroffen!
🎬 Bilderfluten >> 🎞️ Architecton | 🎞️ I’m Not Everything I Want to Be | 🎞️ The Secret Drawer
Zur bildlastigen Kategorie zählt auch der Wettbewerbsfilm Architecton. Vom Regisseur Victor Kossakovsky hatte ich bereits Gunda gesehen (den ich großartig fand) und Aquarela steht schon länger auf meiner Liste, daher ahnte ich in etwa, was mich erwartet: ein bildgewaltiges Epos mit beeindruckenden Drohnenaufnahmen einer kriegszerstörten ukrainischen Stadt und einer durch ein Erdbeben zerstörten Stadt, Nahaufnahmen von Steinlawinen und zermalmten Steinen im Steinbruch, Details antiker Säulen und Bögen und ein Beton-3-D-Drucker bei der Arbeit – und zwischen all dem immer wieder ein italienischer Architekt mit Rauschebart und Anselm-Grün-Kutte, der in seinem Garten einen Steinkreis legen lässt.
Die Szenen mit dem Architekten sind die einzigen mit Text und wirken zwar recht entspannend zwischen all den Bildexplosionen, so richtig passend aber nicht. Hinter all dem steht wohl die Frage, wie wir eigentlich leben wollen und warum wir Häuser aus Beton für 40-80 Jahre bauen, wenn antike Bauten doch ganze Jahrtausende überdauern können? Und die Frage, wie das Material altert. Das haben wir uns allerdings auch im Architekturstudium schon diskutiert, ist also nicht neu. Überrascht hat mich die Aussage, dass Beton nach Wasser das meistverwendete Material der Welt ist. Wenn man die CO₂-Bilanz bedenkt … Einen Berg zu zermahlen, um daraus Beton zu machen, wie im Film dargestellt, wirkt jedenfalls irgendwie absurd. Würde ich den Film empfehlen? Ich weiß es nicht. Wenn, dann aber in jedem Fall auf der großen Leinwand! Es ist schon sehr faszinierend, wie die Steine durch die Bewegung zum Leben erweckt werden. Das wirkt aber nur im Kino.
Das Haus der Kulturen der Welt ist auch ein Betonbau. 1980 ist das Dach eingestürzt. Zum Glück wurde es wieder aufgebaut.
Überrascht war ich von I’m Not Everything I Want to Be – einer meiner Lieblinge dieses Jahres. Ein großartig geschnittenes Porträt der mir bis dato unbekannten Fotografin Libuše Jarcovjáková. Im anschließenden Gespräch sagte jemand, sie sei die Nan Goldin des Prager Frühlings, und ich finde, der Vergleich passt. Der Film arbeitet nur mit ihren Fotos – fast ausschließlich Schwarz-Weiß und voll aus dem Leben –, Tagebucheinträgen und passenden Sounds. Die teils unscharfen oder verwackelten Bilder wirken auf mich sehr emotional und sind ein wunderbares Gegenbild zur glatten Instagram-Welt. Tatsächlich hatte ich voriges Jahr das gleiche Gefühl in der Nan-Goldin-Ausstellung. Die vielen Selbstporträts und ihre Streetphotography erinnern mich an Vivian Meier.
Libuše hat 1968 in Prag angefangen zu fotografieren und war in Tokio und Berlin. Ihre Erinnerungen sind geprägt von der Suche nach Heimat und Anerkennung, Liebe, Sex, Einsamkeit und Depression. Spät findet sie die passende Liebe, noch später die Anerkennung als Fotografin mit einer Ausstellung in Nîmes. Der Trailer auf der Berlinale-Seite gibt bereits einen kleinen Eindruck vom tollen Filmschnitt, im arte-Interview gibt es dann noch ein paar Eindrücke von Libuše dazu. Edition Salzgeber, kommt im Herbst ins Kino. Große Empfehlung!
Libuše beim Filmgespräch als zweite von rechts.
Das leitet ganz wunderbar über zum Thema Erinnerungen und “Familienerbe/Familiengeschichte”. The Secret Drawer widmet sich der Frage: Was mache ich, wenn ich zu viele Erbstücke und Erinnerungen von den Eltern habe? Darf ich deren “Geheimschubladen” öffnen? Mit diesem Thema kann ich mich grad sehr gut verbinden. Die Filmemacherin nimmt uns mit in das umfangreiche Archiv ihres Vaters, eines italienischen Journalisten. Ein ganzes Haus voller Fotos, Filme, Bücher und Kunstwerke hat er hinterlassen. Das meiste vermacht sie der öffentlichen Bibliothek und damit professionellen Archivaren und filmt den Prozess des Sichtens, Ausräumens und Archivierens. Verwoben ist dies mit den Aufnahmen ihres Vaters: tolle Fotos und Filmschnipsel der Nachkriegszeit, unter anderem aus Berlin. Und mit Bildern des großen Erdbebens in Gibellina auf Sizilien 1968, was wiederum mit den Bildern des Denkmals zu Architecton verlinkt. Ich würde den Film gerne nochmal auf Deutsch sehen, um bei den tollen Bildern nicht abgelenkt zu sein von den (viel zu schnellen) englischen Untertiteln.
🎬 Geschichte >> 🎞️ Treasure | 🎞️ In Liebe, Eure Hilde
Der Spielfilm Treasure erzählt warmherzig und humorvoll von einer Vater-Tochter-Reise 1991 zu den familiären Wurzeln in Polen. Der Vater ist Auschwitz-Überlebender, die vor einem Jahr verstorbene Mutter auch. In großem Schweigen aufgewachsen, ist die Mittdreißigerin “Ruthie” (vom Vater “Pumpkin” genannt) auf der Suche nach Halt im Leben, Familiengeschichte und Erinnerungsstücken. Das klingt nach Schwere und Drama, ist aber im Gegenteil die berührend und leichtfüßig umgesetzte Geschichte einer Vater-Tochter-Annäherung. Diesen Film empfehle ich auf jeden Fall in OmU! – In den Kritiken, die ich danach gelesen habe, wird der Film bisweilen arg verrissen. Zu seicht, nicht angemessen, schwierig bis ärgerlich in der Überzeichnung der polnischen Figuren. Ich kann die Kritik in allen Punkten nachvollziehen. Trotzdem habe ich es beim Schauen anders empfunden und vielleicht mehr das Gefühl dahinter wahrgenommen, die Familiengeschichte. Ich persönlich fand es einen seeeehr schönen Film. Aber das kann man auch ganz anders sehen.
Genauso erging es mir mit In Liebe, Eure Hilde. Auch dieser Film von Andreas Dresen über Hilde Coppi, die mit ihrem Mann Hans Teil der (von der Gestapo so betitelten) Widerstandsgruppe Rote Kapelle war und kurz vor ihrer Hinrichtung im Gefängnis den gemeinsamen Sohn geboren hat, kommt in den Kritiken bisweilen nicht gut weg, wie hier beim rbb: zu brav, zu konventionell, zu wenig berührend. Ich habe es anders empfunden. Ich fand ihn großartig und unbedingt sehenswert! Gerade, dass die Repräsentaten des Systems hier nicht alle als brüllende Nazis gezeigt werden, sondern bisweilen freundlich und zuvorkommend, dürfte der Realität ein Stück näher kommen und zeigt die große Gefahr dieser Systeme. So wie meine Tante bis heute sagt: “Aber der Bund deutscher Mädels war doch nicht schlecht? Wir haben doch schöne Sachen gemacht da!?” – Gerade die Normalität, gerade die Nettigkeit ist ja das perfide. Die Akten in Schönschrift, die mich auf meiner Gedenkstättenfahrt nach Stutthoff 1989 nachhaltig berührt haben. Hier ist es die Gefängniswärterin, die am Ende Hilde sogar beim Gnadengesuch unterstützt. Oder der Pfarrer, der als Seelsorger so mitfühlend dabei ist und letzte Nachrichten der Verurteilten übermittelt – dann aber eben auch Teil des Systems ist und den Hinrichtungen beiwohnt. Dieses leise “aber ich habe doch nur meine Pflicht getan” einerseits. Und eben andererseits, dass auch der Widerstand in kleinen, leisen Schritten daherkommt, sich nach und nach ergibt, weil wir mitmachen bei dem, was unsere Freunde tun. Es ist nicht unbedingt der große Entschluss, jetzt Widerstandskämpfer:in zu werden, sondern das Tun im Kleinen. – Auf swr Kultur gibt es eine schöne Kritik, die meiner Wahrnehmung des Films entspricht, falls Du mehr lesen möchtest. Und auch hier gibt es wieder ein kleines arte-Interview. Der Film kommt im Herbst ins Kino.
🎬 Finale >> 🎞️ All Shall Be Well | 🎞️ My Favourite Cake | 🎞️ Betânia
Der letzte Sonntag ist ja traditionell der Berlinale-Publikumstag. Da gibt es keine Filmgespräche mehr, aber leicht erreichbare Tickets zum vergünstigten Preis. Entsprechend habe ich mir den Tag vollgehauen mit vier Filmen. Oups! Nach Hilde ging es zu All Shall Be Well im Titania Steglitz. Die Leiterin Rissenbek erzählt uns auf der Bühne, dass das alte Titania, damals noch mit großen Saal, der Austragungsort der ersten Filmfestspiele war. Ich war in diesem Jahr zum ersten Mal dort, gleich mit drei Filmen, und bin verblüfft über die riesige Leinwand, die da ganz nah ist.
Der Film zeigt die Geschichte von Angie, einer Frau in Hongkong, deren Partnerin Pat unvermittelt verstirbt. Obwohl von der Familie der Verstorbenen als Frauenpaar geliebt und anerkannt, kommt es dann doch zu Auseinandersetzungen ums Erbe. Pat hatte ihr Testament zwar vorbereitet, aber noch nicht abgeschlossen. Und so sieht sich Angie, die nach Pats Willen Alleinerbin geworden wäre, unvermittelt vor dem Problem, zugunsten der Familie aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen zu sollen. Für mich einerseits die universelle Warnung, sich gegenseitig abzusichern. Und andererseits gibt es viele kleine, entwürdigende Szenen, in denen Angie nicht als nahe Angehörige behandelt wird, sondern nur als beste Freundin, und damit hinter die Familie zurücktreten muss. Überall der gleiche Mist! Ich hätte mir gewünscht, dass sie sich mehr auflehnt. Aber sie ist ein stille, zurückhaltende Person, die sich dann eben beugt.
Die einsame 70-jährige Hauptfigur in My Favourite Cake dagegen lehnt sich leise auf gegen das iranische Regime und die Nachbarn, indem sie einen fremden Taxifahrer spontan zu sich nach Hause einlädt. Die beiden haben den Abend ihres Lebens bei Musik, Wein (ebenfalls verboten) und Tanz, sind fröhlich und kommen sich näher. Der Beginn einer wunderbaren Romanze – bis etwas Unerwartetes passiert … Ein toller Film!! Schade, dass er keinen Bären gewonnen hat. – Eigentlich sollte das mein letzter Film sein (und der, den ich zuerst gebucht hatte, leider in Reihe 3), schön im Berlinale-Palast. Da bin ich ja sonst nicht. Aber dann habe ich mir kurzfristig noch einen vierten Film gebucht im wunderbaren Zoopalast 2.
Von der Geschichte in Betânia habe ich dann allerdings nur noch partiell etwas mitbekommen. 😉 Das war zu erwarten. Daher weiß ich nicht, ob sich das inhaltlich lohnt. Egal, ich war eh vor allem da, weil mich die Landschaft interessiert. Das spielt nämlich in einem Naturschutzgebiet in Brasilien, dem Lençóis Maranhenses, wo sich große Sanddünen wüstenartig ausbreiten und immer wieder von Lagunen und dem Wasserlauf eines sich stets verändernden Flusses durchzogen werden. Hast Du das schonmal gesehen? Schau mal in den Trailer unten auf der Berlinale-Seite. Toll, oder? Ich fand, das war ein würdiger Abschluss und so habe ich die Berlinale buchstäblich bis zur letzten Minute ausgekostet.
… und vorab noch ins Kino: Perfect Days
Kurz vor Berlinale-Start bin ich am Dienstag noch rasch ins Kino gegangen. Perfect Days von Wim Wenders stand schon lange auf meiner Liste. Ich war erstaunt, dass der sich so lange im Kino hält. Aber das ist auch wirklich ein schöner Film. Wenn es einen Film gibt, der meine Philosophie der kleinen Freuden beschreibt, dann wohl dieser hier. Die Hauptfigur Hirayama, Toilettenputzer in Tokio, findet Freude im ganz Alltäglichem: Musik, einem guten Buch, dem Lichterspiel der Sonnenstrahlen im Laub. Gut gefallen haben mir auch die Traumszenen in schwarz-weiß. Und die vielen Eindrücke von Tokios Straßen und Wohnvierteln. Und natürlich die Toilettenhäuschen, die der eigentliche Anlass für den Film waren. Allesamt von bekannten Architekten entworfen. Das spricht mein Architektenherz natürlich an! Aber Vorsicht: Ich habe auch schon Stimmen gehört, denen der Film zu langsam war. 😉
Was war noch los?
Natürlich war ich nicht nur auf der Berlinale in den beiden Wochen. Meine sonstigen Freuden beschreibe ich aber im nächsten Bericht genauer, das wird sonst zuuu lang. 😉 Hier nur kurz ein paar Stichworte:
erste Frühlingsblüher zeigen sich und kleine grüne Blättchen an den Sträuchern: Schneeglöckchen, Krokusse, Szilla
zur Erinnerung das Ballhaus-Buch geleistet und seeeehr nett mit der Verkäuferin geplaudert – so macht Kaufen Spaß!
mit meiner Schwester in Familienerinnerungen geschwelgt
Das war jetzt wieder sehr viel. Ich hoffe, ich konnte Dich ein bisschen mitnehmen in meine Berlinale-Begeisterung. Warst Du auch schonmal bei der Berlinale oder bei einem ähnlichen Festival?
Nun habe ich heute gerade meinen langen Drei-Wochen-Rückblick fertig gestellt, aber ich mache trotzdem mit beim #12von12, um zwischendurch einen ganz normalen Tag festzuhalten. In dem Fall ein Montag, an dem ich bürofrei habe und zuhause Haushalt und eigene Projekte mische.
Am jeweils 12. des Monats teilen viele Bloger:innen im #12von12 ihren Tag in 12 Bildern. Hier sind meine Bilder des Tages als schnelle Handy-Schnappschüsse, die meinen Ansprüchen an Bildqualität ja eigentlich nicht entsprechen. 😅
Berlinaaaale!!!
Heute ist Verkaufsstart der Berlinale! Ich bin gut vorbereitet und sitze um Punkt 10 am Rechner. Bereits einige Minuten vor zehn die Fehlermeldung: “Server überlastet!” Oh, nooo!!
Es ist immer wieder spannend, wie der Körper bei der Ticketjagd mit Adrenalin reagiert. Am Ende klappt dann alles. Die meisten Tickets, auf die ich geschielt hatte, waren sogar noch Stunden später verfügbar. Nur “In Liebe, Eure Hilde” war schnell weg. Den muss man eigentlich nicht auf der Berlinale schauen, der kommt ja im Herbst ins Kino. Aber ich wollte ihn JETZT sehen und im wunderschönen Zoopalast. Für diesen Film habe ich mich auch gleich telefonisch mit einer Freundin verabredet. Für die anderen Filme suche ich noch Begleitung.
Beim Berlinale-Palast war ich übrigens übermotiviert und habe einen strategischen Fehler gemacht: Ich wollte nicht wieder auf dem 5. Rang sitzen und habe mir die Tickets daher gleich als Erstes gesichert. Konsequenz: Reihe 3, Platz 5 und 6. Ohoh. :-/ Ich bin gespannt. Und habe wieder was gelernt fürs nächste Jahr.
Zuhause
Danach war erstmal Aufräumen und Putzen angesagt. Ich bin sehr zufrieden, dass das endlich erledigt ist!
Dann hatte ich einen Handwerkertermin. Ging ganz schnell: Nach fünf Minuten war die Gasflamme repariert und lief wieder ordentlich!
Der Himmel war grau. Zwischendurch kam auch mal sehr kurz die Sonne raus.
Das graue Licht ist eigentlich perfekt am Schreibtisch. Ich habe meinen überlangen Drei-Wochen-Rückblick endlich fertiggestellt.
Der Versuch, mich dabei am Rechner abzulichten, ist aber grandios gescheitert. 😉 Danach noch schnell eine Berlinale-Rundmail an meine Freunde, um nette Begleitung für die ergatterten Tickets zu finden. Und dann musste ich auch schon los.
Ich darf beim Swingkurs assistieren. Das sind Open Classes, man kann also jeden Termin einzeln buchen und sieht vorab das Kursthema. Diesmal hatten wir sogar beim Fortgeschrittenenkurs volles Haus. Toll!! Das zeige ich im Bild nur nicht wegen der Personenrechte. Das Kursthema war Tandem Charleston. Die Figur gibt es nächste Woche auch nochmal in einer anderen Variation.
Danach ging es dann mit der U-Bahn zurück nach Hause. Beim Warten habe ich mir die Deckenleuchten mal genauer angeschaut. Der Bahnhof ist sonst aber grad eher unangenehm mit einer lange andauernden Baustelle. Die zeige ich hier nicht.
Zuhause habe ich noch meine Berlinale-Bestellung für morgen vorbereitet, dann ging es ab ins Bett.
Das war mein #12von12 im Februar. Und wie war Dein Tag so?
Wenn Du meinen Blog öfter liest, denkst Du vielleicht, bei den schönen Momenten der Woche ginge es vor allem um Freizeitvergnügen. Aber hey, die meiste Zeit verbringen wir ja doch mit Arbeit und damit kommt das Thema Schaffensfreude ins Spiel. Was braucht es eigentlich, um Spaß an der Arbeit zu haben? Vor Kurzem habe ich dazu ja bereits einen ZEIT-Artikel zitiert. Demnach sollten wir mehr die Freude am Tun in den Mittelpunkt stellen, statt immer auf die To-Do-Liste und das Ergebnis zu schielen. Das kennt man ja von fernöstlichen Philosophien, Mönchstraditionen oder auch Beppo, dem Straßenfeger. Im besten Falle kann sich dann ein Flow-Erlebnis einstellen, wo wir ganz im Tun aufgehen und Zeit und Raum vergessen.
Was also ist es bei mir? Welche Aufgaben haben mir in den letzten Wochen Freude gemacht und warum? Was brauche ich, um Spaß am Tun zu haben? Das ist ja ganz individuell. Da ich sehr vielfältig unterwegs bin, sind es für mich verschiedene Aspekte. Ich mag zum Beispiel sehr gerne Aufgaben, in denen Gestaltung und technische Herausforderung zusammenkommen wie bei Webseiten oder auch beim Einrichten der Archivsoftware. Wo also neben der Kreativität auch mein mathematisches Denken gefragt ist. So war ich dieser Tage sehr stolz auf eine neue Unterseite der Bürowebsite, für die ich ziemlich überlegen musste, wie ich meine Gestaltungsidee technisch umsetzen kann. Großen Spaß hatte ich auch beim Brainstorming mit meiner Lieblingskundin, von der ich im Januar berichtet hatte. Wirf mir ein Problem hin und mein Kreativhirn fängt an zu feuern!
Ich gehe total auf beim Fotografieren. Bei schönem Licht springen mich die Motive regelrecht an und wollen abgelichtet werden. Ich liebe Fotos. Und ich liebe es, Seiten zu gestalten mit Text und Bild. Also nicht nur die reine Bildauswahl oder der reine Text, sondern eben das Zusammenspiel beider und am Ende das schöne Ergebnis. – Neben meiner kreativ-chaotischen Seite habe ich auch eine seeehr perfektionistisch-pedantische Seite, die mich geduldig Kalender aktualisieren lässt oder das Bildarchiv aufräumen. Oder Bilder bis ins Detail bearbeiten und Texte korrigieren. Ich bin stolz wie Bolle, wenn ich etwas von mir Gestaltetes gedruckt sehe! Wie jetzt meine fertigen neuen Kalenderhefte und Postkarten.
Und während das eher Aufgaben sind, in die ich mich allein vertiefe und mit möglichst viel Zeit ungestört vor mich hin puzzeln möchte, habe ich auch großen Spaß an “Socializing-Aufgaben”. So arbeite ich gerne am Empfang oder bei Veranstaltungen und habe großen Spaß, wenn ich im Walzerlinksgestrickt am Tresen stehe, dort zenmäßig Gläser spüle, mit den Gästen plaudere und die schöne Musik und Atmosphäre genieße. Oder bei handwerklichen Aufgaben, beim Anpacken wie beim Veranstaltungsaufbau. Wo wieder auch der gestalterische Aspekt, das “Schönmachen” mit reinspielt. Und natürlich auch, wenn ich im Tanzkurs aushelfen darf.
Und wie ist es bei Dir? Welche Art von Aufgaben magst Du besonders?
Mein Warum
Kommen wir neben dem Was zum Warum. Ulrike fragte mich im Walzerlinksgestrickt neulich: “Du tanzt ja auf vielen Hochzeiten! Lohnt sich das überhaupt?” – ” Nein!” – “Warum machst Du das eigentlich mit dem Journal? Was bezweckst Du damit und was für eine Veränderung beobachtest Du bei Dir?” Ich gerate ein wenig ins Stocken. Die Antwort ist vielschichtig.
Es gibt die persönliche Ebene des künstlerischen Ausdrucks. Was ich eben schon beschrieben habe: Ich liebe es, schöne Seiten zu gestalten, ob im Web oder gedruckt auf Papier. Text und Bild zu kombinieren. Meine Fotos zu zeigen. Und meine Gedanken zu sortieren. Das alles wollte ich schon lange. Und nun mache ich es einfach, auch wenn es sich erstmal noch nicht rentiert im finanziellen Sinne.
Es gibt eine gesellschaftliche Ebene: Gerade in schwierigen Zeiten finde ich es wichtig, den Blick für das Schöne zu behalten. Um nicht wahnsinnig zu werden angesichts der Nachrichten. Weil wir nur dann die Kraft haben, uns für andere einzusetzen, wenn wir uns gut um uns selbst kümmern. Aber auch, um uns bewusst zu machen, wie schön unsere Natur, unsere Welt eigentlich ist. Damit wir uns für den Erhalt dieser zauberhaften Welt stark machen. Und weil ich mich oft frage: Wäre unser aller Leben nicht besser, wenn es mehr um das Glück und weniger um den Profit ginge? Wenn wir an die Stelle des Bruttonationaleinkommens das Bruttonationalglück setzten?Glückliche Menschen führen keine Kriege … – Oder liege ich da falsch?
Und es gibt die Ebene der Selbstreflexion. Für mich selbst und für die, die mein Journal nutzen. Ich möchte inspirieren, mehr von dem zu tun, was uns glücklich macht: “Lebe Deine Freude!” – Und ich glaube, dass wir das durch Rückschau und Vorschau verstärken können. Weil wir die schönen Erlebnisse damit noch tiefer bewusst machen und im Gedächtnis verankern können. Und darauf achten, uns mehr davon einzuplanen und unsere Ziele nach und nach zu realisieren. Ich glaube, was wir schriftlich festhalten, hat eine größere Chance, verwirklicht zu werden.
Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden.
Soren Aabye Kierkegaard
Medientipps – diesmal politisch
Wo wir gerade bei den gesellschaftlichen Themen sind: Die Voraussetzung ist natürlich, dass unsere Grundbedürfnisse befriedigt sind. Wer Krieg, Verfolgung, Hunger oder Naturkatastrophen erlebt, hat erstmal andere Sorgen. (Wobei auch da die Verbindung mit der inneren Vorstellungskraft und der eigenen Freude überlebenswichtig sein kann, wie Dr. Edith Eger in ihrem sehr lesenswerten Buch “Ich bin hier und alles ist jetzt” eindrücklich beschreibt.) Umso wichtiger ist es, für Frieden und Freiheit einzustehen. Die Demonstrationen gegen Rechts werfen die Frage auf, was die Politik und was jede:r Einzelne tun kann für die Stärkung der Demokratie.
Überraschenderweise hat mich ausgerechnet Friedrich Merz zum Nachdenken gebracht mit seiner Aussage, wer die Demokratie stärken wolle, solle einer Partei beitreten. Das wird im Lokalmagazin Weddingweiser nochmal schön dargelegt. – Ein Interview mit Claudine Nierth im Podcast Hotel Matze betont die Chancen der Bürgerbeteiligung. Sehr spannend! Sie verweist am Schluss auch auf die innere Arbeit, was mich natürlich freut. Und um die Hintergründe der Correctiv-Recherche genauer zu verstehen, fand ich das Podcast-Interview von Holger Klein mit Anette Dowideit, stellvertretende Chefredakteurin von Correctiv, sehr erhellend.
Dazu passt auch der Film“Kästner und der kleine Dienstag”, den es jetzt leider nicht mehr in der ARD-Mediathek gibt. Kästner hat Deutschland im Dritten Reich nicht verlassen und hat die Verbrennung seiner Bücher persönlich miterlebt. Ich fand recht eindrücklich dargestellt, wie der “Moralist” Kästner immer wieder in den Zwiespalt geriet zwischen seinen Überzeugungen und der Übermacht der Nazis, der er hilflos gegenüber stand. Eine Schlüsselszene: “Ich hätte ihm helfen müssen!” – Kästner: “Ja, so hilfst du niemandem! Die schlagen dich zusammen!!” – “‘An allem Unfug, der passiert, sind nicht nur die Schuld, die ihn tun, sondern auch diejenigen, die ihn nicht verhindern.’ Wer hat das nochmal geschrieben? Fliegendes Klassenzimmer, Kapitel 7. – Das ist doch genau das, was Sie in Ihren Büchern immer an Erwachsenen gehasst haben!” – “Ja, Hans, es gibt klugen Widerstand und es gibt dummen. Und sich selber in Gefahr zu bringen, um irgendjemandem zu helfen, das ist nicht heldenhaft. Das ist einfach nur dämlich.”– Dazu auch noch ein Buchtipp, den ich gestern aufgeschnappt habe. Ich habe das selbst noch nicht gelesen, aber der Titel ist schon sehr aussagekräftig: “Je länger wir schweigen, desto mehr Mut werden wir brauchen – Wie gefährlich die AfD wirklich ist” von Hendrik Cremer.
Immer wieder vermelden die Nachrichten weitere Demonstrationen, auch aus kleineren Städten. Besonders berührend waren am 11.2. die Bilder aus München vom Lichtermeer für Demokratie. Bleibt zu hoffen, dass sich das auch an der Wahlurne niederschlägt! Bei der Wiederholungswahl in Berlin sah es ja erstmal nicht danach aus.
Apropos Wahlurne: Auch die Nachrichten zu Donald Trump verfolge ich bangend. Wird es doch noch gelingen, Trumps Wiederwahl zu stoppen? Hoffungsvoll lese ich, dass Milliardär Koch Trumps Gegenkandidatin Nikki Haley unterstützt. Hat sie noch eine Chance? – An Bidens Gesundheitszustand wird gezweifelt, aber auch Trump scheint nicht besser dazustehen. Und dann noch die diversen Gerichtsverfahren und Versuche, ihn von den Vorwahlen auszuschließen. Die ARD-Sendung titel, thesen, temperamente stellt das am 13.2. erscheinende Buch “Die Brandstifter – Wie Extremisten die Republikanische Partei übernahmen” vor. Die Autorin Annika Brockschmidt legt im Interview dar: “‘Das ist der Feind, die sind Anti-Familie, Anti-Kind. Und wir sind die Partei der Ehrenhaften, der echten Amerikaner.’ Das macht natürlich was mit einer politischen Kultur. Das zerstört bei der Basis jegliche Erwartung eines Kompromisses und macht den Kompromiss unmöglich.” – Wie weit sind wir noch davon entfernt? – Weiter wird gesagt: “Ein rechter Thinktank hat das Project 2025 entworfen, eine Handlungsanleitung für autoritäre Herrschaft. Das Project 2025 sieht einen massiven Ausbau der Exekutivgewalt vor. Das heißt, der Präsident wäre weder von Gerichten, noch vom Kongress zu stoppen.”
In der Culture-Clash-Komödie “Kiss me kosher” geht es um das deutsch-israelische Verhältnis heute. Der Film ist noch bis 26.4. in der ARD-Mediathek verfügbar: “Um was geht es? Um die Liebe zwischen zwei Frauen, zwischen zwei Kulturen, zwischen einer Jüdin und einer Deutschen. … Shiras Oma ist alles andere als begeistert, dass ihre geliebte Enkelin eine Deutsche heiraten will. Sie hat den Holocaust als einzige in ihrer Familie überlebt. Schwere Kost für eine Komödie, daneben auch noch der Nahostkonflikt – es ist ein kleines Wunder, dass der Spielfilm dennoch so leicht daherkommt”, schreibt SWR-Kultur. Dem kann ich mich nur anschließen.
Außerdem ging jetzt durch die Nachrichten, dass wir 12 Monate in Folge mehr als 1,5° über dem Durchschnitt lagen. “Forscher warnen vor »verheerendem Kipppunkt« bei Strömungen im Atlantik”, vermeldet der SPIEGEL. Da wird einem schlecht, wenn man das liest! ARTE stellt in der Reihe “42 – Die Antwort auf alles” die verschiedenen Klimawandelereignisse im Laufe der Erdgeschichte dar und die jeweiligen Auswirkungen auf das Leben (Spoiler: Massenaussterben, aber auch Entstehung neuer Lebensformen). – Ich mag ja lösungsorientierte Ansätze. Die Dokumentation Blue Carbon legt zu diesem Thema den Fokus auf die CO2-Speichermöglichkeiten am und im Wasser. Noch bis 10.4. in der Mediathek.
Ansonsten gefreut habe ich mich über gleich zwei Dokumentationen über den Schlittschuhwart am österreichischen Weißensee, wo ich als Kind mal in den Sommerferien war. Und über den Wortwitz eines Buchs zum Thema Putzen.
Kleine Freuden
Zwischen den grauen Tagen gab es hier und da auch sehr schöne Sonne und einen tollen Sonnenaufgang. Ich konnte schon ein paar Stunden auf meiner Terrasse sitzen. Und habe in den letzten Tagen erste Schneeglöckchen und Krokusse entdeckt. Es fühlt sich draußen bisweilen schon richtig frühlingshaft an. Dabei habe ich mit dem Winter noch nicht so recht abgeschlossen und würde mich über ein paar Schneetage durchaus noch freuen.
Was noch?
Tanzen mit Justin im Mambita
vor und nach einer Mini-OP gut umsorgt von lieben Freunden
Erinnerungen an früher beim Anblick des alten Gummierstifts im Laden
in Jugendfotos der Großmutter gestöbert
bunte Flecken am Himmel beobachtet
die Pariser Bürger:innen stimmen für erhöhte Parkgebühre für SUVs
Alleinstehende sollen Verantwortungsgemeinschaften bilden können
schicke neue einheitliche Bügel für mehr Platz im Schrank und ein paar Neuerungen für Saunerkeit und Ordnung im Bad
nett pakistanisch Essen mit dem Lieblingsnachbarn
Das war jetzt sehr viel. Und was beschäftigt Dich momentan? In den nächsten Wochen berichte ich dann von der Berlinale. Da wird es wieder weniger politisch. 😉
In der Nacht zu Dienstag hat es rund 2-2,5 Zentimeter geschneit. Wie schööön!! – Ich werde dann ja immer ganz hibbelig und will raus! “Reicht es schon für die Langlaufski oder mache ich besser einen Schneespaziergang?”, überlege ich. In den letzten Wintern habe ich gelernt, dass rund 3cm Schnee auf der Wiese im Park mit Gras und Laub darunter für die Langlaufski schon ausreichend sind. Hmhmhm, etwas knapp. Daher habe ich am Dienstag früh vor der Arbeit erstmal nur den nahen Schillerpark angesteuert. Grenzwertig, aber ging. ❄️ Und das schöne Gefühl: “YESSS, I did it!”
Nachmittags kamen dann noch ein paar Millimeterchen dazu, so dass ich mich am Mittwoch und Donnerstag morgens in den etwas weiter entfernten Rehbergepark aufgemacht habe. Der ist wirklich toll zum Skilaufen!!
Spannend fand ich auch, dass ich den grauen Donnerstag, an dem ich erst etwas unmotiviert war, so früh loszufahren, dann ganz besonders genossen habe! So eine Ruhe im Park, Vogelzwitschern, gedämpftes Licht, … Einfach nur wow!
Mittagspausen in Mitte
In den Mittagspausen konnte ich herrliche Schneespaziergänge in Mitte machen. Wie schön das aussieht! Wie zauberhaft die Sonne vom Schnee reflektiert wird. Alles ist gleich so viel heller. Licht, Licht Licht! Und der Schnee knirscht so schön beim Gehen!! Davon kann ich gar nicht genug kriegen. Daher bin ich abends im Dunkeln auch immer noch extra kurz im Park durch den Schnee gelaufen und habe das Knirschen genossen. Hach! Toll!!
Schnee und See
Am Freitag war ich dann zeitlich flexibel und es war richtiges Kaiserwetter! ❄️☀️ Das habe ich für eine lange Skitour durch den Rehbergepark genutzt und war erstaunt, dass man in diesem Jahr auch gut über die plattgetretenen Wege gleiten konnte.
Der Plötzensee war schon weitestgehend zugefroren.
Selbst bei den Kleingärten ging es gut mit den Skiern, so dass ich einen Blick auf den Kanal gewagt habe.
Spannend, dass der schon halb zugefroren ist und nur noch eine Fahrrinne in der Mitte bleibt! Das hat mich inspiriert, die Skier wieder ans Rad zu schnallen, zuhause schnell meine Sachen zu packen und den geplanten Besuch in Tegel mit einer Radtour am Kanal entlang Richtung Tegeler See zu verbinden.
Puh, ich hatte nicht damit gerechnet, wie schwer es sich durch den Schnee radelt, der sich schön auf die Räder und Bremsen gesetzt hat.
Das hat länger gedauert als gedacht, und ich kam erst zum Sonnenuntergang am See an. Die große Überraschung: Der Tegeler See war nur in Saatwinkel in der kleinen Bucht zwischen den Inseln zugefroren. Der Rest war komplett offen!
An einer Stelle haben sich kleine Eisschollen gesammelt und leise klirrende Geräusche gemacht. Und auf dem See viel Wind und Wellen. Wahrscheinlich war er deshalb eisfrei.
Zum Abschluss der Tour habe ich zufällig noch Silvia und Martin, Freunde aus Grundschulzeiten, auf der Straße getroffen. Wir haben gequatscht, bis uns kalt war. Das war schön! Danach erstmal eine heiße Dusche.
NochMall
Am Wochenende habe ich mich mit meiner Schwester getroffen. Wir waren fleißig, haben uns einen Überblick verschafft über die anstehenden Familienaufgaben und einen ersten Schwung Aussortiertes zur NochMall gebracht. Die NochMall ist das Gebrauchtwaren-Kaufhaus der Berliner Stadtreinigung BSR. Man kann dort alles mögliche abgeben aus der Kategorie “das ist doch noch gut, das kann ich doch nicht wegschmeißen”. Und damit zuhause wieder Platz schaffen. Die Sachen werden dort schön präsentiert, sehen aus wie frisch gereinigt und finden für kleines Geld ein neues Zuhause. Ein paar ausgewählte Neuwaren und ein Café gibt es auch, außerdem jede Menge Workshops: nähen, stopfen, Upcycling, … Toll!
Demos gegen Rechts
Die gute Nachricht der Woche: Überall in Deutschland gab es spontane Demonstrationen gegen Rechts. Die Demos in Hamburg und München mussten wegen Überfüllung abgebrochen werden. Und laut Medienberichten gab es in den kleineren Städten sogar mehr Teilnehmer pro Kopf als in den Großstädten. Das macht doch Mut! Ich konnte leider nicht, war aber im Herzen dabei.
Medientipps
Mathias Frick, ein lieber Freund von mir aus dem Architekturstudium, hat einen tollen Film über Lionel Feininger gemacht, der noch bis 12.4. auf arte zu sehen ist. Hach, das erinnert mich daran, dass ich schon ewig mal ins Feiniger-Museum in Quedlinburg wollte! Das kommt auf die Liste für dieses Jahr. – Mathias empfiehlt übrigens sehr die einzigartige Feininger-Retrospektive in der Schirn in Frankfurt. Die läuft nur noch bis zum 18.2., das werde ich nicht mehr schaffen. Aber ich gebe das mal als Anregung hier rein.
Von ihm gibt es noch einen zweiten Film auf arte, diesmal über Mondrian. Den schau ich mir dann nächste Woche an.
Und in der Mediathek habe ich diese Woche den Film “Sufragetten” geschaut.
Kleine Freuden
leckere Kürbissuppe von meiner Mutter
Mit meiner Schwester in alten Familienfotos geschwelgt: mein Vater als Kind und Jugendlicher, die Urgroßmutter, die ich noch gar nicht kannte, die Großeltern und Großtante Liesel in ihrer Jugend beim Feiern. Schade, dass meist keine Daten und Namen draufstehen. Wer sind wohl die Freunde? Wie ist es ihnen ergangen? Berührt hat mich auch ein Foto von Tante Christa lachend beim Schneeballwerfen. Wer ist wohl der Mann in der Wehrmachtsuniform?
Das war jetzt viel Schnee! Hast Du das auch so genossen?
Daher ist diesmal meine Journaling-Anregung der Woche: “Was liebe ich am Winter? Wie möchte ich das noch genießen?”
Juhuuuu, Cookies! Magst Du mir Deine Zustimmung geben?
Funktional Immer aktiv
Die technische Speicherung oder der Zugang ist unbedingt erforderlich für den rechtmäßigen Zweck, die Nutzung eines bestimmten Dienstes zu ermöglichen, der vom Teilnehmer oder Nutzer ausdrücklich gewünscht wird, oder für den alleinigen Zweck, die Übertragung einer Nachricht über ein elektronisches Kommunikationsnetz durchzuführen.
Vorlieben
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist für den rechtmäßigen Zweck der Speicherung von Präferenzen erforderlich, die nicht vom Abonnenten oder Benutzer angefordert wurden.
Statistiken
Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu statistischen Zwecken erfolgt.Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu anonymen statistischen Zwecken verwendet wird. Ohne eine Vorladung, die freiwillige Zustimmung deines Internetdienstanbieters oder zusätzliche Aufzeichnungen von Dritten können die zu diesem Zweck gespeicherten oder abgerufenen Informationen allein in der Regel nicht dazu verwendet werden, dich zu identifizieren.
Marketing
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist erforderlich, um Nutzerprofile zu erstellen, um Werbung zu versenden oder um den Nutzer auf einer Website oder über mehrere Websites hinweg zu ähnlichen Marketingzwecken zu verfolgen.